Von innen heraus ein großer Glanz
Galerie Glaswerk stellt P. Marion und P. Borowski aus
Erfahrungswissen in Familiendynastien wird gesammelt, gespeichert, erweitert und perfektioniert. Das gilt für Künstler und Handwerker genauso wie für Champagnerfamilien. Ein bereits weltbekanntes, obwohl noch recht junges Familienteam, ist das Vater-Sohn-Duo der jetzt in Deutschland lebenden gebürtigen Polen Borowski.
Vielfältig wie der Reiz der Glaskunst ist kaum ein anderes Medium – wahrscheinlich weil keine konkrete Trennung von Gebrauchsgegenstand und Kunstwerk gemacht werden kann:
Das Material ist wegen seiner Lichtspiele eine eigenständige Erfahrung, die nicht vom Gebrauchswert abhängt, anders als das bei goldenen Wasserhähnen oder kostbarem Porzellan der Fall ist. Pavel Borowski nutzt die altehrwürdige Überfangtechnik, was bedeutet, dass meist dunkles Grundglas mit weiteren Glasschichten “überfangen” wird. Gemäß den Mustervorgaben kann es mit verschiedenen Techniken abgetragen werden.
Dies geschieht entweder durch Ätzung, durch Sandstrahl, so wie Pawel Junior es macht, oder durch Gravur, wie Borowski Senior es heute noch macht.
Die schon im alten Rom bekannte Sandstrahlmethode wird allerdings nur noch selten angewandt, da sie sehr aufwendig sowie riskant ist. Einige Sekunden zulange mit dem Sandstrahl oder ein Hitzeriss würden im Zweifelsfall die Arbeit von Tagen, sogar Wochen zerstören.
Von seinem Vater hat Pavel die Tugend der kompromisslosen Feinstarbeit geerbt und verinnerlicht sowie die Vorliebe für oft verwobene, detailreiche, filigrane oft surrealen Szenarien mit Fabelwesen, Gesichtern und Pflanzenmotiven, die er gern farblich fein schattiert und oft symbolisch verspielt.
Der Clou:
Die Motive werden von innen hinein und umgekehrt gearbeitet. Durch die ganzen schweren Glaswände diffundiert und irisiert das gebrochene Licht, da die Objekte von außen glatt sind.
Um ein Rilke Zitat zu verfremden: Von Innen heraus ein großer Glanz.
Bei jeder Drehung entdeckt man neue Motive und Zusammenhänge, was das Betrachten zu einer nicht enden wollenden Entdeckungsreise macht. Die Motive, die teils labyrinthhaft verwoben oder wild wuchernd anmuten, sind trotz aller Textur und Detailarbeit nicht verschwommen oder diffus aber dennoch oft rätselhaft. Die Borowskis behandeln Glas so wie Kafka schrieb.
Im Kontrast dazu steht der Franzose Pierre Marion, der seine Fertigkeiten in den USA und England perfektionierte, heute ein eigenes Studio in St. Galmier hat und den man auch schon in zahlreichen Ausstellungen in Deutschland bewundern durfte.
Seine Motive sind, wenn es hoch kommt, in Andeutungen als Gegenstände zu erkennen. Er deutet die Formen an, damit der Betrachter seiner Phantasie freien Lauf lassen kann. Er arbeitet so, dass er seine Glasmacherpfeiffe, ein Stahlrohr in das Glas (Kristallglas und diverse Farbgläser) taucht, das im Schmelzofen erhitzt wurde, es aufbläst, um dann seine Dekors in die “Überfänge”, also die Mehrfachschichten, einzuarbeiten. Ab und zu werden auf heißes Glas auch Motive mit dem Handbrenner geschmolzen, das anschließend nocheinmal mit Klarglas “überfangen” wird. Diese Technik ist genauso aufwendig, wie die der Borowskis, nur dass Marion einen letzten Arbeitsgang weglässt: den Schliff.
Marions Vasen, Skulpturen, Trinkgläser erinnern eher an das gestylte Ambiente eines Designerstudios, wogegen die Borowskis an Gobelins oder alte Stiche erinnern.
Beide ergänzen sich, also lassen wir jedem das Seine und jeder das Ihre.
Die Verkaufsausstellung die noch bis zum 15. Januar zu sehen ist, ist definitiv eine Augenweide und Verführung zugleich.